Das Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels

ist ein Forschungsmuseum der Leibniz Gemeinschaft

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Was Wissenschaft und Forschung bewegt

Termin: 
Mi, 15.05.2019 - 19:00 Uhr
Ort: 
Hörsaal
Veranstaltungsart: 
Vortrag
Veranstaltungsreihe: 
Was Wissenschaft und Forschung bewegt
Zielgruppe: 
Erwachsene
Veranstalter: 
Alexander-Koenig-Gesellschaft
Vortragende / Vortragender: 
Prof. Dr. Matthias Glaubrecht, CENAK, Hamburg

Prof. Dr. Matthias Glaubrecht, CENAK, Hamburg: „Humboldtian Science“ oder „Die Systematisierung der Natur“

Mit der Besteigung des Chimborazo in Ecuador, damals für den höchsten Gipfel der Erde gehalten, stellt Alexander von Humboldt 1802 nicht nur für viele Jahre einen alpinen Rekord auf. Zugleich begründet er mit der Pflanzengeographie auch eine ökologische Einteilung der Organismen im Raum. Ausgehend von Humboldts Beiträgen zu Aspekten einer Systematisierung der Natur, die inzwischen als „Humboldtian Science“ einer ganzen Epoche der Wissenschaftsgeschichte ihren Namen verleiht, sollen Wissensstand und Arbeitspraxis des naturkundlichen Sammelns in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts beleuchtet werden, auch um Humboldts Beitrag besser einordnen zu können.

In Unterscheidung zur oftmals hagiographischen Überhöhung Humboldts und einer weitgehend auf ihn selbst referenzierenden Rezeption als indes „überschätzter Universalgelehrter“ sollen folgende Thesen skizziert werden: Zum einen hatte Humboldt wichtige (heute oftmals vergessene) Vorläufer, die nicht nur vieles zur Geographie der Organismen, sondern im Ansatz sogar die visuelle Sprache Humboldts vorwegnahmen. Zum anderen gilt es zu fragen, inwieweit Humboldt tatsächlich die Welt der Pflanzen und Tiere auf neue Art erforscht hat und dadurch ein neues Bild der Natur entwarf.

Letztlich geht es darum zu hinterfragen, ob Humboldts Werk – als „transdisziplinär“ und „interkulturell“ viel gelobt – tatsächlich zukunftsweisende Wissenschaft ist. Oder ob sein Werk – „trotz seiner Enormität unvollendet, das letzte Mega-Fragment der europäischen Sattelzeit“ (Jürgen Osterhammel) – nicht eher rückwärtsgewandt in der Romantik zur Zeit Schillers und Goethes verhaftet blieb, indem Humboldt eine „ästhetische Wissenschaft“ zu begründen und zu betreiben suchte, die nach 1800 nur noch vereinzelt unternommen wurde.